Pfarrer Weber über den Heiligen Nikolaus
Vorweg: Ich bin froh, wenn nach dem Nikolaus gefragt wird: Er ist eine reale Person, die in der frühen Geschichte der Kirche in Myra in Kleinasien, der heutigen Türkei lebte und wirkte. Über ihn haben sich viele Geschichten und Legende und Bräuche entwickelt. In allen Ländern, besonders auch in Ländern der orthodoxen Kirche (in Russland und Griechenland). Das unterscheidet ihn Gott sei Dank vom Weihnachtsmann.
Er bringt die Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes zu den Menschen und besonders zu den Kindern. Er hat Mitleid mit der Not der Menschen. Er ist eben kein Weihnachtsmann, der irgendein Konsumverhalten fördern will. Die Unterscheidung zum Weihnachtsmann aus der Werbeindustrie ist mir ganz wichtig.
- Am frühen Morgen des 6. Dezember sind die Schuhe mit Geschenken angefüllt. Doch wann der Nikolaus sie bringt, darüber besteht Unsicherheit. Erledigt er seine Arbeit bereits am Abend des 5. Dezember oder doch in den Morgenstunden des 6. Dezember?
Der Nikolaustag hat in vielen Familien einen festen Platz. Die Bräuche sind unterschiedlich. Bei uns daheim kam der Nikolaus am Vorabend des Festes, sozusagen in der Nacht. Davon berichten auch die Legenden: Seine Hilfsbereitschaft zeigte er oft im Verborgenen, er wollte nicht erkannt und gelobt werden und trotzdem helfen. Wichtig war ihm die Hilfe. Deshalb ist der Nikolaus für Kinder auch geheimnisvoll. In manchen Familien kommt der Nikolaus auch am Abend des eigentlichen Festes, in einer Familienfeier.
- Und gibt es bezüglich des Lieferungszeitraums der Geschenke Unterschiede zwischen evangelischer und katholischer Kirche? Oder sonst irgendwelche Unterschiede?
Der Heilige Bischof Nikolaus ist eigentlich ein ökumenischer Heiliger, lebte er doch zu einer Zeit in Myra in Kleinasien der heutigen Türkei, als die Kirche noch nicht in unterschiedliche Konfessionen getrennt war. Besondere Verehrung im Brauchtum und im Erzählen von vielen Legenden gibt es in der orthodoxen Kirche: In Russland, Griechenland. Auf vielen Ikonen ist er als Helfer dargestellt. Alle Kinder lieben ihn - ob evangelisch oder katholisch. In der evangelischen Tradition hat sich nach der Reformation das Brauchtum der Geschenke auch stark um das Christkind an Weihnachten ausgebildet. Aber der Nikolaus hat sich in allen Konfessionen beheimatet.
- Welche Rolle spielt Knecht Ruprecht generell am Nikolaustag? Und spielt der heute überhaupt noch eine Rolle (oft ist ja tatsächlich nur noch der Nikolaus zu sichten)?
In manchen Gegenden verkörpert der Knecht Ruprecht den strengeren Teil des durch und durch gütigen und menschenfreundlichen Bischofs. Er bestraft die Kinder und weiss alles, was sie böses gemacht haben
- Und eine nicht ganz ernst gemeinte Frage: Was halten Sie davon, dass Kindern bisweilen gedroht wird, vom Nikolaus (oder Knecht Ruprecht) mit der Rute verhauen zu werden oder keine Geschenke zu erhalten, wenn sie nicht gehorchen? Ein Heiliger als pädagogische Waffe, ist das Ordnung?
Nein das finde ich absolut nicht in Ordnung. Der Heilige Nikolaus ist kein pädagogisches Mittel, um mit Angst und Drohung, die Kinder zu erziehen. Das entspricht auch nicht seinem Wesen, das in allen Legenden geschildert wird: Er zeigt die Güte und die Menschenfreundlichkeit Gottes. Allgegenwärtig bringt er durch seine Hilfe die Nähe Gottes zu den Menschen. Einen schlagenden und strafenden Teil des Nikolaus brauchen wir nicht. Der kann im Gottesbild auch viel kaputt machen.
So wie es ein junge einmal von einer Nikolausfeier im Verein berichtete: "Da kam der Nikolaus und der hat aus einem großen Buch vor allen Leuten alles vorgelesen, was ich falsch gemacht habe. Und alle haben mich ausgelacht und ich hatte Angst." Schreckliche, ein solches in sich verkehrtes Brauchtum brauchen wir nicht.
- Welche Kindheitserinnerungen verbinden Sie mit dem Nikolaustag?
Ich kann heute noch die Nikolauslieder auswendig. "Lasst uns froh und munter sein!" ist das Motto dieses Festes. Das kann ich Ihnen sofort auswendig vorsingen. Bei uns gehörte der Nikolausabend am Vorabend des Festes fest in den Advent hinein. Etwas Geheimnisvolles und Spannendes, auch Heimliches lag in der Luft. Die Vorfreude auf kleine Geschenke und Überraschungen auch das gemeinsame Singen und Geschichten hören. Aber auch das gemeinsame Gebet. Ich bin dankbar für diese Erfahrungen. Nie hat man uns mit Nikolaus oder Knecht Ruprecht Angst gemacht. Meinen Eltern bin ich dankbar dafür. Ein froher Glaube.