Ostern als Fest der geheilten Wunden

Am Kirchturm unserer St. Elisabethkirche wächst seit fast fünf Jahren ein besonderer Weinstock. Bei seinem ersten Besuch in Hanau hatte ihn unser Bischof Dr. Michael Gerber kurz nach seiner Amtseinführung mit Kindern und Jugendlichen gepflanzt: Eine kleine Plakette erinnert daran: „Vitis Episcopi Michaeli – Weinstock der Bischofs Michael“ Im Weinstock steckt eine tiefe Symbolik: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht!“ Die tiefe Verbindung mit Christus lässt uns gute Früchte im Leben bringen, ohne ihn können wir nichts erreichen. Das gilt für jeden persönlich, aber auch für die Kirche, die Gemeinschaft der Gläubigen insgesamt.

Bei der Pflanzung damals zeigte der Bischof die Veredelungsstelle des jungen Gewächses. Wurzelstock und Veredelungsreis wurden wie zwei Wunden aneinander gefügt, damit sie gut zusammenwachsen - verheilt bilden sie ein veredeltes Gewächs, das gute Früchte trägt.

Wunden verbinden, Wunden heilen: Auch in seinem Hirtenwort zur Fastenzeit 2024 nutzt unser Bischof den Vorgang der Rebveredelung aus dem Weinbau als Gleichnis. Er geht der Frage nach: Wie kann uns der Glaube angesichts der Herausforderungen im Hier und Heute eine Hilfe und Orientierung sein?

Das Bild der Wunden des Weinstocks ist hilfreich, gerade jetzt zum Osterfest: Jesus lässt sich verwunden auf seinem Kreuzweg, die fünf Wunden an Händen, Füßen und Seite bleiben auch nach seinem grausamen Tod als Erkennungszeichen des Auferstandenen. Die Jünger erkennen ihn an den Wunden. Thomas fragt in seinem Zweifel nach diesen Wunden und Jesus zeigt sie ihm. So kommt er zum Glauben. „Durch seine Wunden sind wir geheilt!“, sagt der Apostel Petrus.

In der Osternacht ruft der Priester beim Entzünden der Osterkerze in die dunkle Nacht: „Durch seine Wunden, die leuchten in Herrlichkeit behüte uns und bewahre uns Christus, der Herr.“ Dazu fügt er fünf Nägel in die Kerze ein.

Von Kindesbeinen an gehören Wunden zu unserem Leben. Nach Säuberung und Behandlung heilen sie, wie von selbst von innen her, oft bleibt eine Narbe zurück. Für die Wunden der Seele gibt Gott durch die Auferstehung seines Sohnes Jesus Christus auch starke Möglichkeiten der Heilung im Glauben und in den Sakramenten. Ostern ist das Fest der geheilten Wunden. Eine frohe und gute Nachricht für jeden persönlich, aber auch die Menschen in aller Welt, die sich gegenseitig Wunden zufügen – und das nicht nur in den Kriegsgebieten. Der Auferstandene, selbst verwundet, will auch diese Wunden heilen. Das Leben siegt! Frohe Ostern und ein kräftiges Halleluja,

wünscht Pfarrer Andreas Weber